Große Potenziale in der Tiefe

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Große Potenziale in der Tiefe

In Brandenburg wird bereits eine Reihe von Erdwärme-Projekten vorangetrieben. Die Voraussetzungen im Land sind gut, die Pläne ehrgeizig. Berlin hat ähnlich gute Perspektiven, nutzt aber noch nicht alle Möglichkeiten für eine zügige Realisierung. Um in beiden Ländern schnell voranzukommen, bedarf es auch Weichenstellungen auf Bundesebene.

Für das Gelingen der Wärmewende spielt Geothermie eine herausragende Rolle. Die permanent verfügbare Energiequelle bietet „technisch ein fast grenzenloses Ausbaupotenzial, was bisher jedoch zu wenig genutzt wird“, so das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg in seiner „Energiestrategie 2040“. Deshalb werde auf Geothermie „zukünftig ein verstärktes Augenmerk gelegt“. Zu Beginn der Vierzigerjahre, so die Prognose des Strategiepapiers, ließen sich mithilfe der Geothermie rund 1,11 Terrawattstunden (TWh) Wärme in die hiesigen Fernwärmenetze einspeisen.

Folgerichtig stimmte der Potsdamer Landtag im Mai 2023 für einen Antrag der Regierungskoalition, der die Landesregierung aufforderte, die Nutzung der sogenannten „tiefen Geothermie“ im Land Brandenburg aktiv zu unterstützen und kommerzielle Vorhaben zu fördern. Als Argument führen die beteiligten Fraktionen die guten geologischen Voraussetzungen des Landes sowie die Klimaziele an, die ohne umfangreiche Maßnahmen nicht erreicht werden können.

In Brandenburg werden bereits Erdwärme-Projekte in Potsdam, Neuruppin und Prenzlau vorangetrieben. In der Landeshauptstadt steht ein Projekt kurz vor der Fertigstellung, neun weitere Projekte sind geplant. Federführend ist hierbei der kommunale Versorger Energie und Wasser Potsdam, der es sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2030 jährlich mindestens eine Bohrung durchzuführen. Privatwirtschaftliche Akteure wie Werder Frucht, der Flughafen BER sowie das Thermalbad Bad Belzig wollen mit eigenen Geothermie-Projekten nachziehen.

Mehrere Untersuchungen sehen auch mit Blick auf die Bundeshauptstadt gute Perspektiven für die Nutzung von Geothermie. So kommt die „Potenzialstudie klimaneutrale Wärmeversorgung Berlin 2035“ des Fraunhofer IEE auf eine Gesamtleistung von bis zu 450 Megawatt, die mithilfe Tiefer Geothermie ins Wärmenetz der Stadt geleitet werden könnten.

„Berlin muss jetzt die bereits existierenden geologischen Daten genau analysieren und weitere Informationen durch Messungen oder Erkundungsbohrungen sammeln“, sagt Jan Hinrich Glahr, Vorsitzender des LEE. „München und Hamburg sind diesen Schritt bereits gegangen.“

Messungen für Geothermie-Potentiale lassen sich mit der sogenannten 3D-Seismik durchführen: Sie ermöglicht einen Blick in die Tiefe, ohne dass dazu aufwändige Bohrungen notwendig sind. Dabei schicken Spezialfahrzeuge Vibrationen in den Untergrund – ähnlich einer Ultraschalluntersuchung beim Arzt. Die Reflektion der verschiedenen Gesteinsschichten liefert dann Informationen über die geologische Beschaffenheit des Untergrunds.

Im Stadtgebiet Berlins muss aber nicht nur die Datenlage noch verbessert werden. Das größte Nadelöhr sind hier die Genehmigungen. Zwei Punkte wären für die Beschleunigung der Wärmewende besonders wichtig: Bisher behandelt die Untere Wasserbehörde Anträgen zur Nutzung von Erdwärme sehr restriktiv.

„Das war bisher selbst bei Genehmigungsanträgen der Fall, bei denen es um Eisspeicher oder oberflächennahe Kollektoren ging. Bei diesen Projekten besteht allgemein nur ein sehr geringes Risiko für das Grundwasser, das bei guter Planung gänzlich ausgeschlossen werden kann“, erläutert Glahr. „Hier wäre eine klare Vorgabe des Landes hilfreich, damit die Behörde ihren Ermessensspielraum nutzt und Projekte genehmigt.“

Ein weiterer Haken ist, dass Schutzgebietsverordnungen oft Erdwärmenutzung ausschließen, selbst wenn kein relevantes Risiko für das Grundwasser besteht.

„Auch an diesem Punkt muss die Politik nachsteuern: Die Behörden benötigen den Ermessensspielraum, um in geprüften Einzelfällen Genehmigungen zu erteilen“, so Glahr.

Generell stellt die Verfügbarkeit geeigneter Flächen nicht selten einen entscheidenden Hinderungsfaktor für die Realisierung von Geothermie-Projekten dar. Ein entscheidender Hebel ist hier Baugesetzbuch § 35. Dort sind Vorhaben gelistet, die im Außenbereich von Städten und Gemeinden privilegiert geplant und realisiert werden können, etwa für Windkraft und Stromerzeugung.

„Eine rechtliche Gleichsetzung der grünen Wärme ist hier unbedingt erforderlich“, betont Glahr.

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