Position – 6. August 2024
Empfehlungen des LEE Berlin Brandenburg an die neue Landesregierung
Solar: Das volle Potential nutzen
2023 hat der Zubau der Solarenergie zugelegt. Doch Brandenburg erschließt noch nicht das volle Potential, dass die Photovoltaik für die Energieversorgung bietet. Die neue Landesregierung sollte den Solareuro, der die Wirtschaftlichkeit von Projekten gefährdet, überarbeiten, den Spielraum für Agri-PV ausbauen und bürokratische Hürden abbauen.
Eine gekürzte Fassung dieses Textes ist Teil des Forderungskatalogs des LEE BB zur Landtagswahl 2024. Die ganze Publikation kann hier heruntergeladen werden.
Die Landesregierung hat im August 2022 die »Energiestrategie 2040« verabschiedet, nach der die installierte Photovoltaikleistung bis 2040 auf 33 Gigawatt (GW) anwachsen soll. Um dieses Ziel zu verwirklichen, hat sie mit dem Beschluss »Photovoltaik-Potenziale landesweit besser nutzen« die Flächenkulisse für PV-Freiflächenanlagen (FFA-PV) landesplanerisch erweitert. Hinzu kommen weitere Anschubmaßnahmen im Rahmen der »Solarausbauoffensive«, deren Wirkung sich noch zeigen muss. Ende 2023 lag die installierte Leistung bei knapp 6 GW (5,72 GW). Das bedeutet, dass ein jährlicher Zubau von 1,7 GW erforderlich ist, um das Ausbauziel bis zum Jahr 2040 (Ziellücke von 27 GW) zuverlässig zu erreichen. Die verbindliche »Klimaschutzstrategie des Landes Brandenburgs«, die im März 2024 verabschiedet wurde, macht überdies deutlich, dass der Zubau der Solarenergie auch über das Jahr 2040 hinaus zulegen muss.
Im Jahr 2023 hat sich der Ausbau der Dach-PV sowie der Freiflächen-PV den gesetzten Zielen entsprechend beschleunigt. Dieser Trend zeigt sich leider noch nicht beim Ausbau der sogenannten Agri-PV auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Der Bundesgesetzgeber hat dies erkannt und mit dem Solarpaket 1 neue Möglichkeiten geschaffen. Alle Möglichkeiten der Solarenergie sollten dabei genutzt und die verschiedenen Erzeugungsmöglichkeiten gemeinsam gedacht werden – Dach- und Parkplatz-PV, Balkon-PV, Freiflächen- und Agri-PV.
Um die Klimaziele im Land zu erreichen, muss der Ausbau der Solarenergie weiter beschleunigt werden. Dem stehen jedoch noch lange und komplizierte Planungs- und Genehmigungsverfahren, die unzureichende Schulung und Information sowie die generell unzureichende personelle Ausstattung der Behörden im Weg. Ein Bauleitplan-Verfahren mit anschließendem, zusätzlich separat erforderlichem Baugenehmigungsverfahren dauert derzeit zwei bis drei Jahre. Auch fehlt es den Behörden immer noch am Verständnis, dass Klimaschutz und Naturschutz strategische Partner sind und zusammengedacht werden können und müssen. Wir appellieren an die neue Landesregierung, alle landesplanerischen und bundespolitisch geschaffenen Spielräume für einen beschleunigten Ausbau der Solarenergie im Einklang mit den Zielen des Naturschutzes auszuschöpfen.
Wir fordern:
- Die Beibehaltung der Förderfähigkeit von Solaranlagen in benachteiligten Gebieten (EEG § 37c): Konkret wird die neue Landesregierung aufgefordert, das nutzbare Flächenpotenzial von 67 GW auf EEG-Basisflächen und weiteren 33 GW auf landwirtschaftlichen Flächen mit sehr geringem Bodenwert (sogenannten Benachteiligten Gebieten) landesplanerisch und für die EEG-Förderung ausweislich EEG § 37c offen zu halten (vgl. die Potenzialanalyse der Energieagentur Brandenburg). Denn mit der jüngsten Novelle des EEG hat der Bund die sogenannte Opt-In-Regelung in eine Opt-Out-Regelung überführt, nach der PV-FFA in benachteiligten Gebieten grundsätzlich im Rahmen des Zuschlagsverfahrens des ersten Segments förderfähig sind. Dies gilt auch für PV-FFA in Landschaftsschutzgebieten (LSG), deren Errichtung die Landesregierung neuerdings unter Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes ermöglicht hat. Damit diese benachteiligten Gebiete und die darin liegenden LSG allerdings wirtschaftlich genutzt werden können, müssen die dort errichteten Anlagen nach dem EEG förderfähig sein bzw. bleiben. Dafür darf die künftige Landesregierung die weitgehende Öffnung der Vergütungsfähigkeit für PV-Anlagen in benachteiligten Gebieten nicht durch die Opt-Out-Option wieder einschränken. Dies gilt auch für eine mögliche Beschränkung der Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen in benachteiligten Gebieten, wenn diese einen Schwellenwert von 1 Prozent (1,5 Prozent ab 2031) überschreiten. Die Bereitstellung von Flächen, die nach dem EEG förderfähig sind, ist eine zentrale Anschubmaßnahme für den Ausbau in der Freifläche. Durch die neu geschaffene Abgabe für den Zubau erneuerbarer Energieanlagen werden auch die Kommunen am wirtschaftlichen Erfolg dieser Projekte beteiligt.
- Sonderabgabe „Solareuro“ überarbeiten: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien bedarf der Akzeptanz der Bevölkerung. Die Akzeptanz kann mit gezielten Beteiligungsmodellen gesteigert werden. Der Bundesgesetzgeber hat im § 6 EEG bereits entsprechende Möglichkeiten geschaffen. Das Land Brandenburg hat zusätzlich zum EEG die Sonderabgabe „Solareuro“ eingeführt. Diese zusätzliche Regelung bedroht viele Projekte in ihrer Wirtschaftlichkeit, die Projekte werden in der Gestehung 10 bis 15 Prozent teurer. Zugleich führt der Solareuro zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber Projekten in anderen Bundesländern. Der Solareuro sollte überarbeitet werden, mit dem Ziel, die Abgabe nach §6 EEG verpflichtend zu machen. Das schafft Planungssicherheit auf beiden Seiten und verhindert Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Bundesländern.
- PPA-Projekte nicht gefährden, Länder-Flickenteppich vermeiden: Für Anlagen, die nicht nach dem EEG gefördert werden (in erster Linie PPA-Anlagen), ist der zusätzliche Solareuro eine große finanzielle Belastung. Wir fordern die neue Landesregierung auf, sich im Rahmen der Energieministerkonferenzen einerseits für eine Vereinheitlichung dieser Abgaben einzusetzen und andererseits Wettbewerbsnachteile durch eine Kostenbelastung von PPA-Anlagen, etwa durch eine Privilegierung, zu vermeiden. Ebenso soll sich die neue Landesregierung für den Abbau steuerlicher Hemmnisse bei der Errichtung von PV-FFA auf landwirtschaftlichen Flächen einsetzen. Derzeit führt die Errichtung von PV-FFA auf landwirtschaftlichen Flächen dazu, dass die Flächen für steuerliche Zwecke nicht mehr dem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern dem Grundvermögen zugeordnet werden. Mit der Zuordnung zum Grundvermögen entfallen die steuerlichen Begünstigungen für landwirtschaftliches Vermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Dies gilt auch rückwirkend, wenn nach einer Hofübergabe innerhalb der so genannten Behaltensfristen auf einer Fläche eine PV-FFA errichtet wird. Vor allem bei der Erbschaftsteuer führt dies zu hohen Steuerzahlungen, was den Ausbau der PV-FFA bremst. Die Bundesregierung hat mit dem Solarpaket I naturschutzfachliche Kriterien für den Bau neuer PV-FFA beschlossen, die unter anderem biodiversitätsfördernde Pflegekonzepte für die beanspruchten Flächen vorsehen, indem z.B. die Mahd zur Förderung der Biodiversität maximal zweischürig erfolgt und damit landwirtschaftlichen Tätigkeiten entspricht. Die gepflegten Flächen könnten dann weiterhin als landwirtschaftliche Flächen gelten. Vor diesem Hintergrund appellieren wir an die neue Landesregierung, sich auf Bundesebene für eine Zuordnung der PV-FFA zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einzusetzen, so dass diese Flächen im erbschaftsteuerlich begünstigten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verbleiben und weiterhin der Grundsteuer A unterliegen.
- Agri-PV erfordert einen besonderen Blick:
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- „Hofnahe“ Regelung streichen: Pro Betriebsstelle oder Hofanlage sollten auch bei gleichen Betriebsnummern bei Nachweis nach Agri-PV DIN SPEC in einem Radius von 3 km 2,5 ha Agri-PV-Anlagen generell zugelassen werden. Der Begriff „hofnah“ sollte klar definiert werden und sich auf Flächen beziehen, die direkt dem bewirtschaftenden Hof im Umkreis von 3 Kilometern zugeordnet werden können und die nachweislich von diesem aus bewirtschaftet werden. Voraussetzung für eine Privilegierung in Brandenburg sollte sein, dass die Fläche schon vor der Nutzung für PV von dem Landwirt bewirtschaftet wurde und nicht speziell dafür neu angepachtet wurde.
- 2,5 ha Agri-PV-Anlagen für Tierhaltung: Agri-PV-Anlagen nach DIN SPEC sollten im Auslauf-Bereich von Rindern/Geflügel mit bis zu 60 Prozent Überdeckungsgrad zugelassen werden. Dies sichert die Wirtschaftlichkeit der Anlagen und trägt gleichzeitig positiv zum Tierwohl bei. Betriebe können durch die Außenhaltung der Tiere zudem die Tierhaltungsnorm steigern und haben dadurch bessere Vermarktungschancen.
- Chancengleichheit für alle landwirtschaftlichen Betriebe, auch bei Lage im Landschaftsschutzgebiet: Landwirtschaftliche Betriebe und deren Kommunen, die in Landschaftsschutzgebieten liegen, können überhaupt nicht von den Vorteilen des Solar-Ausbaus profitieren und sind gegenüber anderen Betrieben und Kommunen stark benachteiligt. Agri-PV-Anlagen nach DIN SPEC sollten aufgrund der Doppelnutzung der Flächen in Landschaftsschutzgebieten in Brandenburg grundsätzlich zugelassen werden; dabei sollten die 2,5 ha-Agri-PV-Anlagen privilegiert auf bislang intensiv bewirtschafteten Flächen erlaubt werden, wenn sie nachweislich zur Extensivierung der Flächennutzung beitragen.
- Entbürokratisierung: Das Land Brandenburg kann durch Entbürokratisierung verschiedener Verfahren zum schnelleren Ausbau der Photovoltaik beitragen. Dazu gehört die Abschaffung überflüssiger Umweltgutachten bei intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen, die nach Errichtung der Agri-PV-Anlagen nachweislich landwirtschaftlich extensiv weitergenutzt werden. Bei hofnahen Anlagen und Anlagen im nachweislich beeinträchtigten 200-Meter-Streifen sollten Umweltgutachten grundsätzlich abgeschafft werden, da landwirtschaftlich bisher intensiv genutzte Flächen mit Agri-PV nach DIN SPEC nachweislich extensiviert werden, zusätzlich nach § 2 EEG das überragende Abwägungsinteresse zur Privilegierung hinzutritt und die Flächencharakteristik nicht verändert wird. Ebenso sollten in diesem Fall zusätzliche Landschaftspläne bei genehmigten B-Plänen und Flächennutzungsplänen entfallen und ein einstufiges Bauleitplan-Verfahren eingeführt werden. Kartierungen sind nur notwendig bei grundlegender Umnutzung der landwirtschaftlichen Fläche, was bei Agri-PV-Anlagen nach DIN SPEC explizit nicht der Fall ist.
- Anforderung an Landschaftspläne für Agri-PV-Anlagen nach DIN SPEC abschaffen: Bei genehmigten B-Plänen für Agri-PV-Anlagen nach DIN SPEC sollten keine zusätzlichen Landschaftspläne gefordert werden (§ 11 BNatschG). Agrarflächen bleiben in diesem Fall steuerlich und rechtlich Agrarflächen, Naturschutzbelange und Landschaftspflege sind bereits im B-Plan berücksichtigt.
- FNP-Planänderungen und Ausgleichsmaßnahmen bei Agri-PV nach DIN SPEC abschaffen: Zur Unterstützung der Entbürokratisierung sollte die Flächennutzungsplanänderung bei Agri-PV-Anlagen nach DIN SPEC entfallen, da aufgrund der DIN SPEC-Rahmenbedingungen keine Nutzungsänderung der landwirtschaftlichen Flächen entsteht.
- Einführung von Kabelduldung auf landwirtschaftlichen Flächen zu festem Vergütungssatz: Eine Verordnung zur Kabelduldung auf nachweislich landwirtschaftlich genutzten, im privaten Eigentum befindlichen Flächen zu einem festen Vergütungssatz beschleunigt den Ausbau und verbessert die Kalkulierbarkeit geplanter Vorhaben für Investoren.
- Moor-PV auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen mit Nachweisen zulassen: Moor-PV auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen sollte auch ohne Wiedervernässung zugelassen werden, wenn der Nachweis eines positiven Effekts auf den Wasserstand unter Flur und auf die CO2-Minderung erbracht wird.
- Garten-/Parkplatz-PV: Dies unterstützt zusätzlich den Ausbau für Privatpersonen. Garten- und Parkplatz-PV-Anlagen mit einer Grundfläche von bis zu 25 Quadratmetern und einer lichten Höhe nach DIN SPEC sollten ohne Baugenehmigung zugelassen werden, um den Ausbau auf Flächen, die von Privatpersonen genutzt werden, zu fördern.