Denkmalschutz versus Windenergie – der Teufel steckt im Detail
Denkmalschutz versus Windenergie – der Teufel steckt im Detail
Brandenburg will sein Denkmalschutzgesetz novellieren, um einen Dauerkonflikt zu entschärfen. Doch die Windmüller sehen noch Probleme.
„Brandenburg. Es kann so einfach sein.“ So lautet der Slogan, mit dem das Bundesland um neue Einwohner, Gründerinnen und Studierende wirbt. Für Ulf Sieberg vom Windplaner wpd klingt dieser Slogan eher höhnisch. Denn für Menschen wie ihn, die Windparks bauen und so den Klimawandel aufhalten wollen, gilt er nur bedingt.
Brandenburg ist stolz auf seine Vergangenheit und seine Denkmäler. Mehr als 14.000 von ihnen gibt es zwischen Oder und Elbe, darunter Unesco Welterbestätten wie das Schloss Sanssouci mit seinem Park oder der Buchenwald Grumsin. Aber auch ganz unscheinbare, verwilderte, wie das Gartendenkmal Damitzow. Und gerade die erweisen sich immer häufiger als Bremse für den Ausbau der Windenergie.
Das Damitzower Gutshaus steht leer und verfällt. Der Garten und der angrenzende See stehen zum Teil unter Schutz, weil sich dort Biber angesiedelt haben. wpd möchte in der Umgebung sieben Windenergieanlagen errichten. Ihr jährlicher Stromertrag könnte rund 25.000 durchschnittliche 4-Personen-Haushalte mit grünem Strom versorgen.
Doch die Genehmigungsbehörde lehnte den Antrag ab und berief sich auf den Denkmalsschutz. Die Windenergieanlagen zerstörten „die Bildwirkung des Hintergrund(es)“ des Denkmals, zum Beispiel weil sich die Anlagen im See spiegelten und damit die „Gesamtkomposition“ zerstörten. Den Einwand, weder Haus noch Garten könnten in absehbarer Zeit in einen respektablen Zustand versetzt werden, ließ die Behörde nicht gelten.
Windenergie und Denkmalschutz: Immer wieder ein Konflikt
Über zehn Jahre sind nun seit den ersten Planungen vergangen. Inzwischen liegt die Sache bei Gericht. Es ist gut möglich, dass weitere zwei bis drei Jahre hinzukommen, bis eine Entscheidung fällt. Und das, obwohl mit dem neuen Regionalplanentwurf die Windenergiefläche für den geplanten Park in Damitzow sogar noch einmal vergrößert wird. Einfach geht anders.
Immer wieder geraten der Ausbau der Windenergie und die Interessen des Denkmalschutzes in Konflikt, nicht nur in Brandenburg. Eine Umfrage der Fachagentur Windenergie an Land 2022 ergab, dass mehr als zehn Prozent aller beantragen Windenergieanlagen aus Gründen des Denkmalschutzes von den Behörden abgelehnt oder die Anträge zurückgezogen wurden. Dies bedeute, dass Windparks mit mindestens 1.000 Megawatt Leistung blockiert seien oder ihnen aus Denkmalschutzgründen die Ablehnung drohe, warnt der Bundesverband Windenergie. Windparks, die wir brauchen, um das Klimaschutzziel der Bundesregierung und des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, meint Ulf Sieberg.
Immerhin: Das Problem ist in der Politik erkannt worden; es kommt Bewegung in das Thema. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schreibt seit dem vergangenen Jahr fest, dass die Stromerzeugung aus Sonne und Wind im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegt und der „nationalen Sicherheit“ dient. In einem Genehmigungsverfahren, in dem die federführende Behörde die unterschiedlichen Interessen aller Betroffenen abwägt, sollte das doch ein klarer Pluspunkt für die Erneuerbaren sein.
Brandenburg will sein Landesdenkmalschutzgesetz reformieren
„Nicht unbedingt“, meint Ulf Sieberg. Denn zum einen schließe sich die Genehmigungsbehörde in der Regel der Sichtweise der Denkmalschützer an. Und zum anderen sei das EEG Bundesrecht, der Denkmalschutz aber Ländersache. In Brandenburg ist man bislang nicht gewillt, den Erneuerbaren Vorrang vor dem Denkmalschutz einzuräumen, wie ein Schreiben aus dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur aus dem Sommer letzten Jahres an alle Städte und Gemeinden zeigt. Letztlich ändere sich durch das Gesetz nichts, so lässt es sich zusammenfassen.
Aber Brandenburg will sein Landesdenkmalschutzgesetz reformieren und den Vorrang der Erneuerbaren Energien dort festschreiben. Tabu für Windenergieanlagen wäre dann nur noch die nähere Umgebung und ein Eingriff in die Substanz besonders bedeutsamer Denkmäler.
So ganz glücklich ist Sieberg trotzdem nicht. Denn wie so oft steckt der Teufel im Detail. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dass es die Denkmalschutzbehörden sind, die die Kriterien festlegen, wann ein Denkmal als besonders bedeutsam eingestuft wird und welche Abstände dann eingehalten werden müssen. „Je nachdem, was dort festgelegt wird, kann sich daraus auch eine massive Begrenzung der Windenergie ergeben.“
Den Windplanern spielt zwar in die Hände, dass die Bundesregierung mittlerweile allen Bundesländern zur Aufgabe gemacht hat, zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung auszuweisen. Doch dafür haben sie noch bis 2032 Zeit. Und ob die ausgewiesenen Flächen dann tatsächlich auch bebaut werden, stellt nicht zuletzt der Denkmalschutz nach Jahren der Planung und Genehmigung immer wieder in Frage, wie das Beispiel Damitzow zeigt.
„Wir brauchen eindeutige gesetzliche Regeln und klare Kriterien, die dem Denkmalschutz dienen und trotzdem den Ausbau der Windenergie unterstützen“, fordert Sieberg.
Die Liste der bedeutsamen Denkmäler müsse ebenso überschaubar bleiben wie die Abstände, die zu ihnen eigehalten werden müssen. „Niemand will Denkmäler zu Gunsten von Windparks zerstören“, betont er. Klimaschutz sei aber auch Denkmalschutz. Denn Starkregen, Überschwemmungen oder Waldbrände bedrohten geschützte Denkmäler.
Denkmal-Bürokratie darf Energiesicherheit nicht gefährden
Am 8. März 2023 hat Kulturministerin Dr. Manja Schüle hat im Kabinett den ersten Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz vorgestellt.
Jan Hinrich Glahr, Vorsitzender des BWE Landesverbandes Berlin, kommentiert diesen wie folgt: „Das Land Brandenburg hat mit der Novelle des Denkmalschutzgesetzes den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht und das überragende öffentliche Interesse des Ausbaus der Erneuerbaren Energien herausgestellt. Ich habe große Hoffnung, dass sich der Geist dieser Novelle schnell im Verwaltungshandeln widerspiegelt und aktuell blockierte Windprojekte eine Genehmigung erhalten.“
Und weiter: “Der Gesetzentwurf enthält eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen. Das bedeutet Unsicherheit bei der Anwendung und längere Verfahren. Da muss nachgeschärft werden! Die geplante Verwaltungsvorschrift des Denkmalschutzamtes kann hier praxisnahe Antworten liefern.”
Die vollständige Pressemitteilung des BWE dazu finden Sie unter Presse.