„In der Windbranche herrscht Aufbruchstimmung“

Fridolin Vach (Jg. 1999, geb. in Bernau) ist studentischer Mitarbeiter bei Umweltplan. © privat

Jobportrait: Windenergie in Brandenburg

„In der Windbranche herrscht Aufbruchstimmung“

Fridolin Vach studiert in Berlin Geografie. Das ist zwar kein technischer Studiengang, trotzdem sind auch in seinem Studium Klimawandel und Erneuerbare Energien wichtige Themen. Bei seinen Kommilitonen und Kollegen erlebt Vach derzeit eine Aufbruchstimmung. Grund ist die rasante Entwicklung in der Wasserstofftechnologie.

“Ich fühle mich wohl in der Branche. Man macht etwas, das beeindruckend ist. Was aber auch wichtig ist: Man trägt dazu bei, die Zukunft besser zu gestalten.”

Seit gut zwei Jahren ist Fridolin Vach studentischer Mitarbeiter bei Umweltplan, einem Projektierer und Betreiber von Wind- und Solaranlagen mit Sitz in Bernau. „Eine ehemalige Mitarbeiterin hatte einen angefangenen Genehmigungsantrag zurückgelassen. Das war meine erste Aufgabe: Den musste ich zu Ende bringen“, erzählt Vach.

Vach fühlt sich in Brandenburg verwurzelt, das Beste an Berlin sei die „gute Zuganbindung an Bernau“. Schon seine Eltern kommen aus der Region, der Vater aus Potsdam und die Mutter aus Eberswalde.

Sein Vater gehörte zu den Windenergiepionieren in Brandenburg: 1997 gründete er gemeinsam mit Ulf Winkler das Unternehmen Umweltplan. Das hat ihn geprägt: „Die Windenergie gehörte immer zu meinem Leben“, sagt Vach. Seine Faszination für die großen Windräder hat er sich bis heute erhalten.

Für Brandenburg sieht er dabei nicht nur die ökologischen Vorteile der Windenergie, sondern auch das ökonomische Potential: „Die Windenergie ist eine große Chance für Brandenburg. Elon Musk ist mit seiner Tesla-Fabrik unter anderem deswegen nach Brandenburg gekommen, weil es hier grüne Energien gibt. Es ist möglich, dass Brandenburg bei der Energiewende eine Vorreiterrolle einnimmt. Als Urbrandenburger macht mich das ein wenig stolz.“

Herr Vach, Sie studieren Geografie. Was hat das mit Windenergie zu tun?

In der Windenergie arbeiten viele Geografen, häufig in der Projektplanung. Geografen werden vielseitig geschult und können damit komplexe Zusammenhänge verstehen. Das ist bei der Projektplanung für Erneuerbare eine wichtige Kompetenz, das macht uns flexibel. Wir können viele Aufgaben übernehmen, von der Abstimmung mit den Umweltgutachtern über angewandte Raumplanung bis hin zur Erstellung der Lagepläne. Außerdem schadet es nicht, wenn man auch versteht, woher der Wind eigentlich kommt.

Was sind Ihre Aufgaben in Ihrem Unternehmen?

Ich bin Werksstudent. Deswegen helfe ich überall ein bisschen, dort, wo Not am Mann ist. Mit der Zeit kann ich immer mehr Aufgaben eigenständig übernehmen.

Umweltplan ist ein Projektierer: Das heißt, wir entwickeln Windprojekte. Das Fängt bei der ersten Flächensicherung an und geht bis zum Bau der Anlagen. Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen sind sehr umfangreich und ein riesiger bürokratischer Aufwand. In der Regel dauert das mehrere Jahre.
Zu den Genehmigungsunterlagen gehören zum Beispiel detaillierte Angaben zu den Anlagen, die gebaut werden sollen: Jedes einzelne Schmieröl, das es in der Anlage gibt, muss aufgelistet werden. Dann müssen wir Lagepläne erstellen, berechnen, ob und wie laut man die Anlagen in der Nachbarschaft hören kann und klären, wo die Feuerwehrzufahrten liegen. Für viele dieser Aufgaben beauftragen wir externe Gutachter.

Der größte Teil der Genehmigungsunterlagen sind die naturfachlichen Gutachten: Welche Vögel leben in dem Gebiet? Gibt es Zauneidechsen oder Fledermäuse? Für jede Tierart gibt es dann einen Spezialisten: Der beobachtet und kartiert das Aufkommen der Tiere in der Region über mehrere Monate oder Jahre, um dann ein Gutachten zu erstellen. Das ist ein sehr langer Prozess.

Aktuell arbeite ich an einem Genehmigungsantrag für eine Windenergieanlage im Wald. Das ist das erste Waldprojekt von Umweltplan, deswegen müssen wir uns neu darauf vorbereiten. Dazu gehört zum Beispiel, die forstlichen Eingriffe abzuschätzen: Wie viele Bäume müssen entfernt werden? Denn für die Bäume, die wir entnehmen, müssen wir neue Wälder aufforsten. Dafür müssen dann entsprechende Flächen gefunden und Waldumwandlungsverträge geschlossen werden. Dabei arbeiten wir eng mit den Förstern zusammen.

Im Studium habe ich schon mit der Kartensoftware gearbeitet, die wir auch in der Firma benutzen. So kann ich mein Wissen praktisch anwenden und zum Beispiel Übersichtspläne erstellen.

Portrait Unternehmen

Umweltplan wurde 1997 in Bernau gegründet. Das Unternehmen plant und betreibt Windenergieanlagen und Solarparks. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Projekten in Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt. Neben der kompletten Projektentwicklung und –realisierung erstellt das Unternehmen Gutachten (z.B. WindPro) und Potentialanalysen oder führt Ausschreibungen durch.

Seit vielen Jahren kooperiert Umweltplan mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie mit der Beuth-Hochschule in Berlin (Praktikumsplätze, Bachelor-, Master-, Diplomarbeiten, Vorlesungen). So betreut das Unternehmen aktuell eine Masterarbeit, die sich mit Machbarkeitsstudien und den Potentialen der Wasserstofftechnologie in der Region um Bernau (Landkreis Barnim) beschäftigt.

Neben dem Standort in Deutschland gehört eine eigenständige Gesellschaft in Polen zu Umweltplan, wo das Unternehmen seit 10 Jahren ebenfalls Projekte realisiert.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

Einen Genehmigungsantrag für eine Windenergieanlage zu stellen, macht nicht unbedingt Spaß. Das ist viel Papierkram, oft sehr mühselig und manchmal auch frustrierend. Für mich ist allerdings wichtig, dass ich verstehe, wie ein solcher Antrag funktioniert.

Später würde ich gerne mehr Verantwortung übernehmen. In der Projektplanung würde das bedeuten, dass ich mitentscheide, welche Standorte sich lohnen, die Projekte kalkuliere und mit den jeweiligen Projektpartnern oder Grundstückseigentümern Verhandlungen führe. Das sind die spannenderen Aufgaben, auf die man sich freut.

Mich motiviert, dass ich an etwas Gutem mitarbeite. Die Arbeit macht Sinn: Nach vier, fünf Jahren steht die Anlage, und du hast dazu beigetragen.

Welche Perspektiven bietet Ihnen Ihr Beruf?

Ich bin mir noch nicht sicher, wo ich nach meinem Studium arbeiten werde. Eine Möglichkeit wäre, in der Firma meines Vaters mehr Verantwortung zu übernehmen. Vielleicht schließe ich aber auch noch ein zweites Studium an. Oder ich schnuppere noch mal die Luft in einem anderen Unternehmen, eventuell im Ausland.

In jedem Fall fühle ich mich in der Windbranche sehr wohl.
Weshalb würden Sie anderen jungen Menschen einen Beruf in der Windbranche empfehlen?

Ich treffe viele sympathische Menschen, die mich motivieren. Ich glaube, die Branche ist insgesamt zwangloser, offener und weniger steril als einiges, was ich von anderen Berufszweigen mitbekomme. Das gefällt mir sehr gut.

In der Windbranche gibt es gerade wieder eine große Aufbruchstimmung. Ich stelle mir vor, dass es so auch um die Jahrtausendwende gewesen ist, als es mit der Windenergie richtig losgegangen ist. Das hängt mit der Wasserstofftechnologie zusammen: Man merkt, dass in der Windbranche eine Aufregung besteht und Interesse. Da ist eine Dynamik entstanden. Das merke ich auch an der Universität. Das Thema Wasserstoff ist im Geografie-Studium Gesprächsthema.

Was war das beste Erlebnis, dass Sie bisher hatten?

Ich würde gerne sagen, die Realisierung eines Projekts, an dem ich selber mitgearbeitet habe, aber das dauert noch drei Jahre.

Ich erinnere mich noch gut daran, als ich das erste mal auf eine Windkraftanlage geklettert bin – das war noch ohne Fahrstuhl, mit der Leiter. Als ich oben war, war das ein unbeschreibliches Gefühl: Die ganze Technik, das große Konstrukt. Es ist laut da drin. Das war ein toller Moment.

Und das Schlechteste?

Es ist manchmal frustrierende, wenn man zur Papierarbeit übergeht. Nach vielen Stunden Arbeit hat man dann das Gefühl, dass auf der anderen Seine keine Kooperation da ist. Das einem Steine in den Weg gelegt werden. Dann ist man abhängig von den Entscheidungen anderer. Das ist manchmal sehr frustrierend.

Neben diesen schönen Gesprächen gibt es oft aber auch knallharte Verhandlungen, zum Beispiel Termine mit Geschäftsleuten, wo es nur um Zahlen und Fakten geht.

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